Als am 05.01.2020 um 03:08 Uhr bei den Kameraden aus Tonbach und Baiersbronn (Zug Nacht) der Digitale Meldeempfänger zur einem "B3 - Brandmeldeanlage / Tonach / Hotel Traube" alarmierte wusste zu diesem Zeitpunkt keiner, dass es einer der größten Einsätze der jüngeren Feuerwehrgeschichte in Baiersbronn werden würde. Dieses Ereignis jährt sich heute zum zweiten Mal. Zeit zurückzublicken.
"Bis gleich" war wohl bei den meisten Feuerwehrmännern und -frauen der letzte Satz, die Sie zu ihrem Partner sagten, als Sie in dieser Sonntag Nacht zu einem Routineeinsatz das warme Bett verließen und sich bei Minustemperaturen zu den Gerätehäusern in Tonbach bzw. Baiersbronn aufmachten. Standardmäßig bei einem B3 fährt ein Löschzug an. Dieser besteht aus dem TSF-W der ortsansässigen Abteilung (Florian Baierbronn 4/48) sowie einem HLF20 (Florian Baiersbronn 1/46), der Drehleiter (Florian Baiersbronn 1/33) und dem ELW (Florian Baiersbronn 1/11) der Abteilung Baiersbronn. Zugleich fuhr unser Kommandant Martin Frey mit dem Kommandowagen (Florian Baiersbronn 1/10) direkt von zu Hause aus an.
Als die ersten Einsatzkräfte an der Einsatzstelle ankamen drang aus dem Haupteingang des 230 Jahre alten, verwinkelnden Gebäudekomplexes, bereits starker Rauch. Umgehend wurde die Alarmstufe auf B5 erhöht. Das LF16-TS, das LF-KatS, RW und MTW der Abteilung Baiersbronn rücken nach - für die Abteilung wurde Vollalarm ausgelöst. Vom Hausmeister war zu erfahren, dass sich im Gebäude keine Personen aufhielten.
"In dem Gebäudeteil des weitläufigen Luxus-Ressorts befinden sich drei der A-la-Carte-Restaurants, die Wäscherei sowie diverse Büros von Angestellten." (Schwarzwälder Bote vom 05.01.2020)
Umgehend wurde unter Atemschutz ins Gebäude durch den Haupteingang vorgegangen. Bereits um 3:30 Uhr waren von Kommandant Frey die Abteilungen Klosterreichenbach und Mitteltal mit je einem LF10 und die Abteilung Röt-Schönegründ mit einem TSF-W nachalarmiert worden. Ebenfalls alarmiert wurde die Führungsgruppe, die sich auf Höhe des Hotels "Tanne" positionierten. Zwischenzeitlich trafen auch der stellvertretende Kreisbrandmeister Florian Möhrle, Kreisbrandmeister Frank Jahraus und Bürgermeister Michael Ruf ein, um die Einsatzleitung zu unterstützen.
Die Drehleiter wurde direkt vor dem Restaurant platziert um eine Brandbekämpfung von außen durchzuführen. Über den Balkon im ersten Obergeschoss wurden zudem wichtige historische Dokumente gesichert. Hier waren die Büroräume des Luxushotels untergebracht.
"Zumindest einem der beiden Weinkeller hätte das Großfeuer aber zusetzen können. Doch eine Sprecherin des Hauses konnte am Dienstag gegenüber den BNN vermelden: „Die Flaschen sind unversehrt und wurden bereits umgelagert."" (Badische Neuste Nachrichten vom 08.01.2020)
Bereits eine viertel Stunde später. Also um 3:45 Uhr, wurde ein Löschzug der Feuerwehr Freudenstadt nachalarmiert. Diese rückten mit einem HLF20, einem LF10 einem TLF24/50, dem GW-Atemschutz sowie einer weiteren Drehleiter an. Primäres Ziel war es eine Brandausbreitung auf das, über einem Flur mit dem Stammhaus verbundene, Haus "Kohlwald" zu verhindern. Die Brandschutzvorkehrungen hielten. Die 63 dort untergebrachten Hotelgäste wurden sicherheitshalber ins Haupthaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite evakuiert, dessen 150 Zimmern voll belegt war.
Auf Grund der Hanglage stellte sich die Brandbekämpfung auf der Rückseite des Gebäudekomplexes schwierig dar. Die zweite Drehleiter kam hier zum Einsatz. Um einen besseren Überblick zu erhalten wurden zwei Einsatzabschnitte gebildet. Einer für die Vorderseite und einer für die Rückseite. Mittlerweile hatte sich das Feuer vom Erdgeschoss bis zum Dachgeschoss durchgefressen.
"Der Wasserverbrauch aus dem öffentlichen Hydrantennetz reicht für die vielen Einsatzfahrzeuge nicht mehr aus. Daher lässt der Einsatzleiter das LF 16-TS aus Baiersbronn am etwa 300 Meter entfernten Tonbach in Stellung gehen. Dort setzt die Feuerwehr zur Wasserentnahme zusätzlich vier Tragkraftspritzen (TS) ein. Die Kräfte verlegen von hier insgesamt vier B-Leitungen zum Brandobjekt." (Bericht aus dem Feuerwehr-Magazin 6/2020)
Um 6:20 Uhr wird die Feuerwehr Waldachtal mit einer weiteren Drehleiter hinzugezogen. Zwischenzeitlich ist wegen Einsturzgefahr auch kein Innenangriff mehr möglich. Auch die Wasserversorgung musste komplett umgebaut werden. Der Hochbehälter, der das Hydrantennetz speiste, war leer. Die zuerst eingetroffenen Einsatzfahrzeuge bezogen ihr Wasser noch von dort. "Wir hatten mit dem Tonbach als offenes Gewässer aber keine Probleme, die Wasserversorgung aufrecht zu erhalten", so Martin Frey gegenüber dem Feuerwehr-Magazin.
"Ohne Unterlass werden durch 7,5 Zentimeter dicke Leitungen Minute für Minute 4000 Liter Wasser vom Tonbach hinauf gepumpt und auf das Dachgerippe des historischen Gebäudes gespritzt." (Stuttgarter Zeitung vom 06.01.20)
Bereits in den frühen Morgenstunden hatte sich der Großbrand bereits in den sozialen Netzwerken und Medien herumgesprochen. Die ersten Journalisten und Kamerateams interviewten Kommandant Martin Frey.
Gegen 11:30 Uhr war das Feuer soweit unter Kontrolle. Fast der gesamte Restaurant-Komplex mit der "Schwarzwaldstube" (3 Michelin-Sterne), der "Köhlerstube" (1 Michelin-Stern) und der "Schwarzwaldstube" war zerstört. Die Hotelgäste aus dem Haus "Kohlwald" konnten nun auch wieder in ihre Unterkünfte zurückkehren, nachdem dieses entraucht wurde.
"Dort wo bis Samstagabend gebratene Entenleberscheiben mit gehacktem Trüffel und gegarte Medaillons vom bretonischen Hummer (Menüpreis 245 Euro) serviert wurden, tropft es von der Decke. Es ist das vorläufige Ende eines Sternerestaurants." (Stuttgarter Zeitung vom 06.01.20)
Auf Grund der Bauweise wurde von der Berufsfeuerwehr Karlsruhe die Hubrettungsbühne um 11:13 Uhr nachalarmiert, um an die letzten Glutnester zu kommen.
"Das T hängt noch an der hölzernen Verkleidung des Vordachs, das R ist halb heruntergekippt, das A hat sich schon verabschiedet. Ein Feuerwehrmann fährt mit der Hebebühne nach oben und gibt noch einmal volles Rohr. Auch nach zwölf Stunden qualmt es aus der Traube in Tonbach, glimmen immer noch versteckte Glutnester in den Gasträumen." (Stuttgarter Zeitung vom 06.01.20)
Die Nachlöscharbeiten zeihen sich auch über den ganzen 6. Januar hinweg. Kurze Erholungsphasen für die Einsatzkräfte wurde durch ein Schichtsystem möglich. Zu diesem Zeitpunkt war nicht mehr so viele Personen notwendig.
"Erst um 9.25 Uhr am 7. Januar, nach rund 55 Stunden Einsatz, kann Kommandant Frey an die Leitstelle „Feuer aus" melden. Bis dahin haben die Feuerwehrleute 155 Atemluftflaschen und 280 Schläuche gebraucht." (Bericht aus dem Feuerwehr-Magazin 6/2020)
Die Abteilung Tonbach stellte noch für weitere zwei Tag die Brandwache. Immer wieder flammten in der Ruine kleinere Brandherde auf.
"Über vier Stunden lang haben sich Ermittler der Kriminalpolizei und Brandsachverständige die Ruine in Baiersbronn angesehen. An die Stelle, an der das Feuer nach bisherigen Vermutungen ausgebrochen sein soll, konnten die Experten allerdings nicht vordringen." (Badische Neuste Nachrichten vom 08.01.2020)
Als höchstwahrscheinliche Brandursache wurde ein technischer Defekt im Bereich der Theke von den Ursachenermittlern der Kriminalpolizei ermittelt. Brandstiftung wird ausgeschlossen. Der entstandene Sachschaden beträgt mehrere Millionen Euro. Derzeit (Stand Januar 2022) biegen die Wiederaufbaumaßnahmen in die Zielgeraden ein.
Die Verpflegung während des langen Einsatzes übernahm der DRK-Ortsverein Baiersbronn sowie das direkt angrenzende Wellnesshotel "Tanne Tonbach". Dort konnten sich die Einsatzkräfte während der zwei langen kalten Tage immer wieder aufwärmen und warme Getränke zu sich nehmen. Auch von anderen Hotels aus der Sterne-Gemeinde wurden die Feuerwehrmänner und -frauen versorgt.
Eingesetzte Kräfte
Feuerwehr Baiersbronn mit 120 Kräften
- Abteilung Baiersbronn mit
- KdoW
- ELW1
- HLF20/20
- DLAK 23/12
- LF16-TS
- LF-KatS
- RW2
- MTW
- Abteilung Klosterreichenbach
- LF10
- Abteilung Tonbach
- TSF-W
- GW
- Abteilung Röt-Schönegründ
- TSF-W
- Abteilung Mitteltal
- LF10
- Abteilung Obertal
- MTW
Feuerwehr Freudenstadt mit 22 Kräften
- HLF20/20
- LF10
- DLAK 23/12
- TLF 24/50
- GW-A
Feuerwehr Waldachtal mit 3 Kräften
- DLAK 23/12
Berufsfeuerwehr Karlsruhe mit 2 Kräften
- HRB B42
Rettungsdienst/DRK Ortsverein und Bergwacht mit 20 Kräften und 4 Fahrzeugen
Polizei mit 4 Beamten und 2 Steifenwagen
Sonstiges: Kreisbrandmeister plus Stellvertreter, Bürgermeister, Bauhof und Gemeindewerke
Fazit/Nachschau
Für uns Feuerwehrmänner und -frauen ist so ein Brand auch nicht alltäglich und kommt in diesem Ausmaß vielleicht nur einmal während der vielen Jahre als aktive Einsatzkraft vor. Daher prägt dieses Ereignis auch uns heute noch.
Besonders Eindrucksvoll war die reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen. In dieser Konstellation finden in der Regel keine Übungen statt. Einsatzkräfte kamen nicht zu Schaden und die Schäden an Material und Ausrüstung hielten sich in Grenzen.
Trotz allem Leid und der Tragik bleiben uns die Tage als Kameradinnen und Kameraden im Gedächtnis. Dadurch, dass an dem Einsatz Kameraden ihren Spitznamen erhielten. Sich Kameraden mit Hotelgästen unterhielten, der sich später als Hollywood-Star herausstellte. Man nun nach den Übungen beim gemütlichen Teil auch als "Junger" über DEN Einsatz mitreden kann, von dem uns die "Alten" immer erzählen.
Zum Abschluss möchten wir nochmals Danke sagen an:
- alle eingesetzten Hilfsorganisationen für die gute Zusammenarbeit.
- der Familie Möhrle vom Wellnesshotel "Tanne" mit Team für die Verpflegung, die wärmende Stube und die sanitären Anlagen.
- den Angehörigen unserer Einsatzkräfte, die trockene Wechselklamotten vorbeigebracht haben.
- den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den vielen Hotelgästen, die sich zu keiner Zeit über Lärm, zugeparkte Autos oder ähnliches beschwert haben.
- den Schaulustigen, die Ihre Sensationslust brav aus der Ferne gestillt haben und uns bei unserer Arbeit nicht behindert haben.
- zu guter Letzt der Familie Finkbeiner und Ihrem Team von der "Traube Tonbach", die selbst in größter Not uns mit Rat und Tat zur Seite standen.
Sollten wir welche vergessen haben - sehen Sie es uns nach.
Weiterführende Links/Quellen
- Einsatzbericht auf der Homepage der FF Baiersbronn
- "Das vorläufige Ende eines Sterne-Restaurants" - Stuttgarter Zeitung vom 06.01.2020
- Nach Brand der "Traube Tonbach": Auch Hollywood-Star Nicolas Cage muss umplanen - Badische Neuste Nachrichten vom 07.01.2020
- Nach Feuer in Traube Tonbach: Weine konnten gerettet werden - Badische Neuste Nachrichten vom 08.01.2020
- Teile der "Traube Tonbach" müssen für Brandermittlungen abgerissen werden - Badische Neuste Nachrichten vom 08.01.2020
Bilder vom Einsatz
Die Bilder sind nicht in chronologischer Reihenfolge des Einsatzgeschehens.